Eva Eggeling – InformatikerInnen-Kurzinterviews

Eva Eggeling ist angewandte Mathematikerin, die jetzt im Bereich der Computergraphik arbeitet. Ihre Wurzeln liegen in der stochastischen Analysis und der Differentialoptimierung. Sie ist die Leiterin des Geschäftsbereichs Visual Computing der Fraunhofer Austria Research Gmbh und lehrt an der TU Graz das Fach Visual Computing.

Eva Eggeling

Woran arbeiten Sie zur Zeit?

Als Leiterin einer Forschergruppe für Visual Computing bin ich größtenteils mit der Projektadministration, Akquise neuer Projekte und Präsentation von Projektergebnissesn bei unseren Kunden und Partnern beschäftigt. Aber ein bisschen Zeit bleibt mir für die Forschung. In dieser Zeit arbeite ich an einem Forschungsprojekt, in dem (umsetzbare) Ideen zum Arbeitsplatz der Zukunft für Fluglotsen entwickelt werden. Wir testen hier, inwieweit moderne  Visual Computing Technologien helfen können, die sogenannte Situational Awareness der Fluglotsen zu erhöhen, bei gleichzeitiger Reduzierung der kognitiven Belastung. Gerade werden die ersten Prototypen evaluiert und das ist sehr spannend (Projekt VAST – virtual airspace and tower).

Und wenn ich dann noch etwas Zeit erübrigen kann, arbeite ich mit meinen früheren Kollegen an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh zusammen aus dem Materialforschungsbereich und dem Mathematik Department. Wir beschäftigen uns dort damit, wie sich polykristalline Strukturen unter Belastung verändern (Graingrowth Simulation). Wenn man versteht wie sich die Struktur verändert, kann man sie auch beeinflussen und letzten Endes Materialien  mit bestimmten Eigenschaften erzeugen. Mein Part war – und ist ab und zu noch – die Entwicklung eines mathematischen Simulationscodes, dessen Ergebnis mit den Experimenten verglichen wird.

„Nebenbei“ lese ich ein tolle Buch über Deep Learning von Ian Goodfellow, Yoshua Bengio und Aaron Courville, sehr lesenswert!

Was ist für Sie Informatik?

Für mich ist die Informatik ihrem Ursprung nach eine sogenannte Strukturwissenschaft, wie sie C. F. von Weizsäcker eingeordnet hat – sofern sie (so rigoros wie die Mathematik) als Wissenschaft betrieben wird und nicht als „Informatik-Soziologie“, wovon z. B. das Informatik-Spektrum viel zu voll ist.

Was sind für Sie Herausforderungen der Gegenwart, bei denen Informatik helfen kann?

Eine Herausforderung ist meiner Meinung nach das Problem, aus der immer weiter (auch durch den technischen Fortschritt der Informationstechnik) steigenden Datenflut die relevanten Informationen zu  identifizieren und zu extrahieren – auch um Informationen von Fakes trennen zu können, insbesondere aber um neue Methoden z. B. in der Medizin noch besser zu unterstützen bei den Bildgebenden Verfahren – und schließlich auch, um endlich ein Gegengewicht gegen die raffinierten Algorithmen der gar nicht mehr so heimlichen „Weltherrscher“ Facebook, Google etc. aufzubauen. „Deep Learning“ ist hier eines der maßgeblichen algorithmischen Felder.

 Warum sollten sich StudentInnen für Informatik entscheiden?

Weil die Informationstechnik nach wie vor ein Wachstumsgebiet ist und daher für Informatikfachkräfte gute Job-Optionen bieten wird. Außerdem tut auch den Disziplinen Informatik und – vor allem – Informationstechnik intelligente weibliche Sicht der Probleme und möglichen Lösungen gut.

Was fehlt der Informatik in Österreich?

Genau wie der Informatik in Deutschland (und der Schweiz) fehlt hier die stärkere Betonung der informatischen Grundlagenforschung, um insbesondere der Software-Entwicklung mehr Fundament zu liefern.

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