Martin Pinzger – InformatikerIn der Woche

Martin Pinzger leitet die Forschungsgruppe Software Engineering am Informatik Institut des Universität Klagenfurt (dem er zur Zeit auch vorsteht). Seine Forschung beschäftigt sich mit Softwarequalität, – visualisierung und –design sowie mit Software Evolution. 2012 wurden seine Forschungen mit dem prestigeträchigen Vidi-Grant der niederländischen Forschungsförderungsoprganisation NWO unterstützt; das Projekt beschäftigte sich mit der detaillierten Aufzeichnung von Änderungen in der Softwarentwicklung, um mögliche Fehlerquellen besser identifizieren zu können.

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Woran arbeiten Sie zur Zeit?

In meiner Forschung arbeite ich zur Zeit zusammen mit meinem Team an verschiedenen Methoden, Techniken und Tools, die Softwareentwickler bei der Wartung und Evolution von großen, komplexen Softwaresystemen unterstützen. Unter anderem erforschen wir Vorhersagemodelle, die auf Basis der Beobachtung von Software-Metriken und den Änderungen in Programmen Softwareentwickler auf Schwachstellen in ihren Systemen hinweisen und gleichzeitig Verbesserungsvorschläge anbieten. Bezüglich der Verbesserungsvorschläge interessiert mich derzeit sehr, inwieweit wir diese Verbesserungen mittels maschinellen Lernens automatisieren können, mit dem großen Ziel, die Effizienz bei der Wartung und Evolution zu verbessern sowie die Qualität von Software Systemen signifikant zu erhöhen.

Was ist für Sie Informatik?

Softwaresysteme und damit auch die Informatik finden wir heute überall – die Informatik ist sozusagen omnipräsent in unserem Leben. Ich sehe Informatik vor allem aus der Perspektive eines Softwareingenieurs, der Softwaresysteme zur Verarbeitung von Information entwirft, entwickelt und weiterentwickelt, um sie an die sich laufend ändernden Anforderungen der Menschen anzupassen. Der Erfolg bei der Entwicklung von Softwaresystemen hängt großteils von den Fähigkeiten der Entwickler ab, ein System zusammen in einem Team zu entwickeln. Die Informatik als Wissenschaft spielt für mich eine wichtige Rolle, um Entwicklern und Teams Methoden und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, welche die Effizienz der Zusammenarbeit steigern und das Team von (lästigen) repetitiven Aufgaben befreien.

Was sind für Sie Herausforderungen der Gegenwart, bei denen Informatik helfen kann?

Die Informatik hilft uns bereits heute in allen Lebensbereichen, sei es zum Beispiel beim Kommunizieren mit anderen Menschen, beim Automatisieren und Steuern von Arbeitsabläufen, beim Regeln des Verkehrs auf den Straßen und Schienen, zu Wasser und in der Luft, oder beim Erforschen und Verstehen unserer Umwelt. Die größte Herausforderung der Gegenwart für die Informatik sehe ich vor allem darin, die Anwendungen in diesen Bereichen noch effizienter und sicherer zu machen. Möglich gemacht wird das durch die Verfügbarkeit von immer mehr Daten und stets leistungsfähigerer Hardware und Software für die Auswertung der Daten, oder mit zwei aktuellen Schlagworten ausgedrückt: Big Data und KI (Künstliche Intelligenz). Dabei darf die Informatik aber nicht vergessen, dass Softwaresysteme von Menschen für Menschen entwickelt werden, und nicht, um in ihre Privatsphäre einzudringen, sie zu überwachen, zu kontrollieren und zu steuern.

Was haben Sie in der Auseinandersetzung mit Informatik gelernt?

Ich möchte hier gerne zwei meiner Erkenntnisse nennen. Meine erste Erkenntnis ist, dass ein Computer und Computerprogramme im Grunde genommen sehr einfach aufgebaut sind, sich deren Komplexität jedoch mit zunehmender Größe signifikant erhöht. Die Kunst für einen Softwareingenieur liegt darin, die Komplexität zu meistern und Lösungen nicht komplizierter als notwendig zu machen. Die zweite Erkenntnis ist, Informatik ist überall – ohne Informatik, und das sage ich ohne jegliche Übertreibung, funktioniert heute nichts mehr. Das soll nicht bedeuten, dass ich das gut finde, sondern nur, dass uns das bewusst sein muss und dass wir deswegen der Informatik einen zentralen Stellenwert geben müssen.

Warum sollten sich StudentInnen für Informatik entscheiden?

Zum ersten, Informatik ist cool! Im Studium der Informatik lernt man, wie man Softwaresysteme zur Verarbeitung von Daten in den verschiedensten Anwendungsbereichen designt und entwickelt. Die Anwendungsbereiche reichen von Geschäftsapplikationen über Mobile- und Internet-Applikationen bis hin zu Applikationen in eingebetteten Systemen, wie man sie praktisch in allen elektronischen Geräten findet. Zweitens, Informatik ist Teamarbeit! Neben dem Designen und Entwickeln lernen Studierende auch, wie man im Team zusammenarbeitet. Das Image vom Programmierer, der alleine in einer dunklen Kammer sitzt, ist längst passee. Drittens, Informatik ist super spannend! Die Technologien in der Informatik entwickeln sich rasant weiter und man ist stets mit Neuem konfrontiert – in der Informatik lernt man nie aus. Alle, die zumindest einer dieser Punkte anspricht, sollten ein Informatik-Studium absolvieren. Zum Schluss sei noch gesagt, dass Absolventen eines Informatik-Studiums hervorragende Chancen auf einen gut bezahlten Job haben.

Was fehlt der Informatik in Österreich?

Der Informatik in Österreich fehlt vor allem der zentrale Stellenwert in den Schulen. Neben Deutsch, Mathematik und Englisch, sollte die Informatik ein weiteres Pflichtfach in den Schulen sein. Besonders der Umgang mit der digitalen Welt, wie zum Beispiel dem Internet, welche Möglichkeiten aber auch Risiken sie bietet, sollte bereits im Kindesalter erlernt werden. Mit einer frühzeitigen Ausbildung in der Informatik schaffen wir auch die notwendigen Grundlagen, die zur Erhöhung der Innovation und Stärkung der Wirtschaft in Österreich führen werden. Fakt ist, das größte Innovationspotential liegt in der Entwicklung von neuartigen Softwaresystemen. Nicht umsonst sind in den letzten Jahren Konzerne wie Google und Facebook, welche die Innovationen in der Informatik nachhaltig vorangetrieben haben, zu weltweit führenden Unternehmen geworden. Das sollte uns Grund genug sein, den Stellenwert der Informatik in den Schulen und auch in den Unternehmen zu erhöhen.