Johanna Pirker – InformatikerIn der Woche

Johanna Pirker arbeitet am Institut für Informationssysteme und Computer Medien der TU Graz und beschäftigt sich mit eLearning, Gaming und anderen Formen der Mensch-Maschine-Interaktion. Pirker verbrachte ein halbes Jahr am MIT und beschäftigt sich jetzt von Graz aus in Zusammenarbeit mit dem MIT mit spielerischen Ansätzen in Lernsoftware.

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Woran arbeiten Sie zur Zeit?

Mein Hauptforschunginteresse gilt den Bereichen HCI (Human-Computer Interaction) und Games Research, sowie etlichen Teilbereichen, die zu diesen Themen gehören. Gerade Forschung im Bereich Games enthält viel Potential hinsichtlich interdisziplinärer Forschung und auch „Highlights“ der Informatik-Problemstellungen. Dies inkludiert sowohl verschiedene HCI-Fragestellungen, als auch Big Data Analysis, Artificial Intelligence und Computer Graphics. Auch sehe ich großes Potential in Anwendungen, die von Designaspekten in Spielen inspiriert werden. Daher versuche ich, Elemente aus Computerspielen sinnvoll in globalen und bedeutsamen Anwendungsgebieten einzusetzen, wie beispielsweise Lern- oder Trainingssoftware. Momentan erarbeiten wir gemeinsam mit dem MIT, wie wir das Erlernen von physikalischen Inhalten mithilfe von Simulationen und spielerischen Ansätzen attraktiver und effektiver gestalten können.

Was ist für Sie Informatik?

Informatik ist für mich die Möglichkeit, abstrakte Probleme zu lösen und komplexe Datenmengen und Zusammenhänge darzustellen. Als Informatikerin kann ich meine Gedanken und Ideen visuell darstellen und innovative und kreative Arten von Interaktions- und Visualisierungsmöglichkeiten von Daten und Informationen ausprobieren und umsetzen.

Was sind für Sie Herausforderungen der Gegenwart, bei denen Informatik helfen kann?

Wir alle werden inzwischen ständig mit diversen Anwendungsgebieten der Informatik konfrontiert, geradezu überhäuft. Wir finden Einflüsse der neuen Softwaretools und Medien im Haushalt, in der Kommunikation mit anderen, im Beruf, im Auto, eigentlich überall. Vielleicht wurden wir in den letzten Jahren sogar zu schnell mit all diesen neuen Technologien konfrontiert und müssen jetzt noch die Anwendungsgebiete für uns sortieren, Möglichkeiten, aber vor allem auch Gefahren der neuen Medien für uns erkennen und auch vermehrt identifizieren und herausfinden, wie wir nicht nur unser eigenes Leben optimieren, sondern auch Probleme unserer Gesellschaft reduzieren können. Gerade auch in Spielen oder spielerischen Anwendungen sehe ich Möglichkeiten, schon früh Teilbereiche des Lebens zu verbessern, wie zum Beispiel Mülltrennung oder Mathematikunterricht motivierender zu gestalten, und die Aufmerksamkeit der konsumierenden Gesellschaft auf diese und ähnliche Problemstellungen zu lenken.

Was haben Sie in der Auseinandersetzung mit Informatik gelernt?

Ich habe für mich persönlich gelernt, dass ich auch im realen Leben alle Probleme in kleinere Teilprobleme zerlegen und einzeln lösen kann.

Warum sollten sich StudentInnen für Informatik entscheiden?

Informatik ist nicht binär. Informatik ist ständiger Wandel und wächst und wird interdisziplinärer, bunter und kreativer. Neue Bereiche der Informatik verändern und erweitern daher stetig das Curriculum. Informatik ist mehr denn je ein facettenreiches, lebendiges und sich kontinuierlich wandelndes Feld. Logik vermischt sich mit Kreativität und führt zu Innovation. Das macht die Informatik nicht nur zu einem spannenden Studium, sondern ermöglicht StudentInnen nach dem Studium eine stetige intellektuelle Weiterentwicklung, großartige Jobaussichten und durch den hohen Innovationsfaktor werden auch ein Pool für eigene Ideen, eigene Innovationen und der Weg zur Selbstständigkeit gewährleistet.

Was fehlt der Informatik in Österreich?

Grundsätzlich wäre es wünschenswert, die Informatik in Österreich noch mehr als gigantischen Pool für Ideen, Innovationen und Entrepreneurship zu erkennen und zu unterstützen. Apps, Spiele, Softwaretools, Services – das alles sind Möglichkeiten, die heimische Industrie durch eine Kombination von Technologie und Kreativität anzukurbeln. Persönlich sehe ich sehr viel Potential in der Spieleindustrie und versuche auch, StudentInnen und lokale EntwicklerInnen in diese Richtung zu fördern. Unser Ziel muss es sein, die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen, Bildungseinrichtungen und der Industrie zu fördern, um die Informatik als Innovationspool zu fördern und das Gründen von Start-ups und Spin-Offs zu vereinfachen.
Als Frau in der Informatik muss und möchte ich auch auf eine offensichtliche Unterrepräsentation von Frauen in diesem Bereich hinweisen. Aber wir arbeiten bereits auf vielen Wegen daran, dies zu ändern und schon früh (möglichst im Schulunterricht) zu beginnen, auf die Vielschichtigkeit der Informatik hinzuweisen. Auch hier glaube ich, dass Spieleentwicklung eine wertvolle Option ist, schon früh kreative und interdisziplinäre Aspekte der Informatik hervorzuheben und die eigentliche Attraktivität und den Spaß an der Informatik zu verdeutlichen.