Stellungnahme Regierungsprogramm

Informatik_austria begrüßt die wichtige Rolle, welche die Bundesregierung den Bereichen Künstliche Intelligenz und Digitalisierung im Regierungsprogramm zumisst. Digitalisierung stellt eine der größten Chancen und Herausforderungen der kommenden Jahre dar. Die Aufgabe lautet: Jetzt das Richtige tun. Für die digitale Zukunft Österreichs.

Die österreichischen Informatikfakultäten und -fachbereiche sind Wegbereiter dieser digitalen Zukunft. Gemeinsam mit den höheren Schulen und den Fachhochschulen bilden sie die Arbeitnehmer*innen für Österreichs digitale Zukunft aus. Gemeinsam mit der Industrie leisten sie die Forschung und Entwicklung, die es Österreich ermöglichen, mit seinen Partnern in der digitalen Welt selbständig und unabhängig zu agieren.

Wir möchten die Bedeutung der Informatik für die Gesellschaft hervorheben:

  • Informatik treibt Wirtschaftswachstum und schafft Arbeitsplätze. Laut der WKO könnte das BIP Österreichs um 7 Mrd. Euro wachsen, wenn der Mangel an Informatiker*innen behoben wird. Informatik ist daher die Grundlage für zukünftiges Wachstum und bietet exzellente Berufsperspektiven. Eine Informatikausbildung ermöglicht jungen Absolventinnen und Absolventen hervorragende Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
  • Die digitale Souveränität ist ebenfalls entscheidend: Software und KI müssen zunehmend aus Europa und Österreich kommen. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern wollen wir nicht nur nutzen und beobachten, sondern gestalten. Durch die Entwicklung von Software und KI können wir die Abhängigkeit von Drittstaaten reduzieren und uns der Überwachung durch ausländische Firmen und Regierungen weniger aussetzen.

Wir möchten folgende Empfehlungen aussprechen.

  1. Um die digitalen Fähigkeiten Österreichs auszubauen, ist eine massive Investition in die Lehre und Forschung in Informatik und KI erforderlich. Ein wesentlicher Teil dieser Lehre und Forschung findet an den Universitäten statt, die dafür zusätzliche Mittel benötigen.
  2. FORWIT fordert “ein der Mathematik gleichgestelltes, durchgehendes Pflichtfach Informatik, das Schüler:innen in allen Schultypen und -stufen logisches, algorithmisches und statistisches Denken […] vermittelt.” Als erster Schritt in dieser Richtung muss Informatik ein eigenständiges Maturafach werden, mit mindestens sechs bis acht Stunden in der Oberstufe. Nur so können wir auch Mädchen frühzeitig für Informatik begeistern, statt auf die Hälfte der verfügbaren Talente zu verzichten. Ebenso kann nur auf diese Weise jede*r Österreicher*in, unabhängig von Position und Rolle, das notwendige Grundverständnis der Informatik erlangen. 
  3. Die Digitalisierung kann nicht nur von Männern gestaltet werden. Wir unterstützen die Bestrebungen der Bundesregierung, mit Programmen wie She goes AI die Talente von Frauen verstärkt anzusprechen. Besonders begrüßen wir die Schaffung zusätzlicher Laufbahnstellen für Frauen in diesem Bereich.
  4. Wir unterstützen die Schwerpunktsetzung auf KI an den Universitäten. Wir erkennen dabei einen deutlichen Investitionsbedarf in der Informatik, welche die vielfältigen Grundlagen der KI und der Digitalisierung bereitstellt.
  5. Wir begrüßen den Fokus auf Schlüsseltechnologien in der betrieblichen und universitären (Spitzen-)Forschung. Wir empfehlen einen besonderen Fokus auf die Schlüsseltechnologien Künstliche Intelligenz, Big Data, Digitale und Informationstechnologien, in denen in Österreich viel Potenzial vorhanden ist.

Auch wir sehen große Chancen in einer Weiterentwicklung des Tenure-Track Modells. Für Top-Universitäten in den USA und Europa ist dieses Modell das wichtigste Mittel, um am internationalen Markt die besten Forscher*innen zu gewinnen. Auch an den heimischen Universitäten, am ISTA und an der IT:U nimmt das Tenure-Track Verfahren eine zunehmend wichtige Rolle ein. 

Gerade für die Informatik entfaltet dieses Verfahren besondere Relevanz, weil es aufgrund der hohen Konkurrenz entscheidend ist, brillante Frauen und Männer schon in jungem Alter langfristig zu binden. Gerade nach dem Doktorat sind diese Forscher*innen besonders produktiv und noch nicht stark an einen Standort gebunden. 

Für die österreichischen Informatikfakultäten ist der Tenure Track bereits jetzt ein wichtiges Mittel, um die besten Köpfe für Österreich zu gewinnen und erfolgreiche Forscher*innen mittels eines selektiven Verfahrens langfristig als volle Professor*innen zu binden. Wir fordern eine Erhöhung der Autonomie der Universitäten, um ihnen folgende Maßnahmen zu erleichtern.

  1. Gleichwertigkeit: Ein Flat Faculty-Modell mit nur einer Kurie: Tenure-Track Professor*innen und nach §98 berufene Professor*innen sollen selbstständige Leiter*innen von Forschungsgruppen sein. Insbesondere wäre es wünschenswert, wenn mit dem Antritt einer Assistenzprofessur gemäß Kollektivvertrag automatisch die Berechtigung zur Betreuung von Masterarbeiten und Dissertationen verbunden wäre.
  2. Offene Ausschreibungen. Für die Informatik wäre zusätzlich zum Berufungsverfahren nach §98 UG und zu den schon vorhandenen Verfahren für die Besetzung von TT-Stellen eine Möglichkeit von Vorteil, Professuren unabhängig von der Ebene (Assistant, Associate, Full Professor) nach einem möglichst einfachen Verfahren auszuschreiben.

Informatik_austria und die österreichischen Informatik-Fakultäten und -Departments verstehen sich als wesentliche  Ansprechpartner für die Ausgestaltung der digitalen Zukunft Österreichs. Wir stehen jederzeit gerne mit Rat und Tat zur Seite.


Ein Bericht zum Austrian Computer Science Day von Informatik Austria. Die Plattform „Informatik Austria“ ist ein Zusammenschluss der Informatikfakultäten und Informatikinstitute der österreichischen Universitäten. Das Ziel besteht darin, die heimische Informatik zu vernetzen, zu stärken und zu fördern sowie als erste Anlaufstelle für Fragen rund um das Thema Informatik aufzuklären und zu dienen.

Ansprechpersonen für Medienanfragen: kontakt@informatikaustria.at

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